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Mahnmal für die psychisch-kranken Opfer des Nationalsozialismus

from the audio walk In Stein Gemeißelt | Osnabrück

In Stein Gemeißelt
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Mahnmal für die psychisch-kranken Opfer des Nationalsozialismus

Das Mahnmal

Unter der Adresse Gertrudenring 9 erinnert im Garten des AMEOS Klinikums Osnabrück ein Mahnmal an die psychisch kranken Opfer des NS-Regimes. Im April 1941 wurden aus der hier gelegenen, damals noch „Landes-Heil- und Pflegeanstalt“ genannten, Einrichtung 248 Patient:innen in die Tötungsanstalt Hadamar verlegt.

Die Gedenkanlage besteht aus zwei Betonquadern, deren nach oben gewandte Seite mit Metallplatten bedeckt ist. Auf dem linken Quader thront eine ebenfalls metallene Gruppe von Figuren mit menschlichen Umrissen. Elf von ihnen stehen eng beieinander und bilden eine Einheit. Eine zwölfte Figur steht jedoch als Außenseiter:in etwas abseits und alleine. Die Metallplatte auf dem rechten Quader trägt die Inschrift: „Ich bin ausgegrenzt, stigmatisiert, zwangssterilisiert, ermordet und vergessen. Zum Gedenken an die psychisch kranken Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Osnabrück.“

Die Auseinandersetzung mit der Ermordung von geistig oder körperlich beeinträchtigten Menschen durch Täter:innen – insbesondere auch Ärzt:innen und Pfleger:innen – des NS-Regimes, setzte vergleichsweise spät ein. Erst in den 1980er Jahren begannen Initiativen wie der „Arbeitskreis Erforschung der NS ‚Euthanasie‘ und Zwangssterilisation“ oder der „Bund der ‚Euthanasie‘-Geschädigten und Zwangssterilisierten“ mit der Aufarbeitung dieser Verbrechen.

Die Idee für das Osnabrücker „Mahnmal für die psychisch-kranken Opfer des Nationalsozialismus“ entwickelte die Selbsthilfegruppe der Psychiatrie-Erfahrenen im Jahr 1999. Ein Expert:innengremium wählte den Entwurf des Osnabrücker Künstlers Werner Kavermann für die Umsetzung der Idee aus, da dieser in eindrucksvoller und authentischer Weise das angstvolle und zur Vereinzelung drängende Erleben des psychisch kranken Menschen einfange. Am 27. Januar 2005 wurde das Mahnmal nach einem Gedenkgottesdienst in der Gertrudenkirche im Beisein von etwa 400 Menschen feierlich eingeweiht.

“Neben einer eigenen künstlerischen Arbeit war der Ort des Mahnmals auf dem Gelände des Landeskrankenhauses ausschlaggebend für die Gestaltung. Das Mahnmal sollte auf keinen Fall die Umgebung dominieren, da sich hier vorwiegend Patienten, Angehörige und Klinikpersonal aufhalten, die hier ihren Alltag verbringen oder auch eine Krisensituation zu bewältigen haben. Aus diesen Überlegungen heraus war es für mich wichtig eine Gestaltung zu realisieren, die sich in die Umgebung einpasst, bewusst wahrgenommen werden kann, sich aber nicht aufdrängt.”
(Werner Kavermann, 2007)

Die Ermordung von Patient:innen der Osnabrücker Landes-Heil- und Pflegeanstalt

Unter dem Decknamen „Aktion T4“ töteten Täter:innen des nationalsozialistischen Regimes etwa 70.000 körperlich oder geistig beeinträchtigte Menschen, die sie als „lebensunwert“ eingestuft hatten. 92 weibliche und 156 männliche Patient:innen der Osnabrücker Landes-Heil- und Pflegeanstalten wurden im April 1941 nach Hadamar deportiert und dort in der Gaskammer ermordet.

Grundlage für diese Verbrechen war der bereits seit der Jahrhundertwende praktizierte, unter dem NS-Regime auf die Spitze getriebene und etwa über das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ (GVeN) von 1933 verrechtlichten Sozialdarwinismus, der von der Entwicklung einer Gesellschaft durch genetische Auslese und Verhinderung der Weitergabe „schlechter“ Gene ausging. Das GVeN umfasste acht erblich bedingte Krankheiten, deren Weitergabe zu verhindern seien; dass darüber hinaus auch schwerer Alkoholismus als Grund für Zwangssterilisationen diente, lässt die „Erblichkeit“ der Erkrankungen wie ein Vorwand erscheinen, den „Volkskörper“ von allem „Schwachen“ und „Minderwertigen“ zu „reinigen“. Etwa 350.000 Menschen wurden auf Grundlage dieses Gesetzes zwangssterilisiert; einige tausend – 90% von ihnen Frauen – starben infolge der Eingriffe. Für die Stadt und den Regierungsbezirk Osnabrück sind für die Jahre 1935 bis Mitte 1937 1.462 „Unfruchtbarmachungen“ nachgewiesen.

Schätzungsweise 5.000 Kinder, darunter 13 aus Osnabrück, fielen reichsweit der „Kinder-Euthanasie“ zum Opfer. Kinder mit „schweren angeborenen Leiden“ wurden in „Kinderfachabteilungen“ für medizinische Versuche missbraucht und durch Medikamentenverabreichung oder Vernachlässigung getötet.

Nachdem Proteste vor allem von Geistlichen an der ursprünglich geheimen Massentötung von psychisch und körperlich Behinderten laut wurden, stellte das Regime die „Aktion T4“ offiziell ein. Es folgte eine Phase der „Wilden“, „dezentralen“ und schwer nachweisbaren „Euthanasie“, der weitere etwa 200.000 Menschen zum Opfer fielen.


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