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Mahnmal für die Zwangsarbeiter:innen im „Lager Fernblick“

from the audio walk In Stein Gemeißelt | Osnabrück

In Stein Gemeißelt
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Mahnmal für die Zwangsarbeiter:innen im „Lager Fernblick“

Das Mahnmal

Seit dem 4. Juni 2023 erinnert ein Mahnmal im Osnabrücker Ortsteil Berningshöhe an das „Lager Fernblick“. Seine Entstehung geht auf eine Bürger:inneninitiative zurück.

Bis vor kurzem erinnerte in der Reihenhaussiedlung am Wilhelm-Mentrup-Weg in Osnabrück nichts daran, dass sich hier von 1942 bis 1945 das Gemeinschaftslager Süd III – das „Lager Fernblick“ – befunden hatte, in dem zeitweise mehr als 1.000 Zwangsarbeiter:innen vor allem aus der Sowjetunion und Polen inhaftiert gewesen waren.

Seit dem 4. Juni 2023 erinnert ein Mahnmal an die Vergangenheit des Ortes: Eine schlichte Eisenplatte, an der zwei übergroße Karteikarten aus Edelstahl mit den Daten zwei der jüngsten Lagerinsassen befestigt sind. Die am 2. Februar 1944 geborenen Zwillinge Bolek und Jann Chocha, Söhne einer polnischen Zwangsarbeiterin, waren zwei von 312 Kindern, die zwischen 1943 und 1945 im zum „Lager Fernblick“ gehörenden „Entbindungsheim für schwanger gewordene Ausländerinnen“ auf die Welt kamen und von denen wenige älter als ein paar Tage wurden. Bolek starb nach zwei und Jann nach vier Tagen, laut ihrer Karteikarten an „Lebensschwäche“.

Die Entstehung des Mahnmals geht auf die Bemühungen einer Bürger:inneninitiative zurück. 2018 gab ein Gottesdienst aus der Reihe „Church on the Road“ der Osnabrücker Lutherkirche Anlass, sich mit der Vergangenheit des Ortsteils auseinanderzusetzen. Bestürzt darüber, dass sie auf einem ehemaligen Lagergelände lebten und dass nichts an das Leid der Lagerinsass:innen erinnerte, begaben sich Anwohner:innen auf Spurensuche: Sie wollen mehr über das „Lager Fernblick“ erfahren und einen Gedenkort schaffen. Ihre Recherchen in Zusammenarbeit mit den Gedenkstätten Augustaschacht und Gestapokeller stützten sich auf Vorarbeiten des Osnabrücker Lokalhistorikers Volker Issmer, auf die Gefangenenkartei des Lagers und auf Zeitzeugeninterviews.

“Lager Fernblick”: Zwangsarbeit in Osnabrück

Mit Fortdauern des Zweiten Weltkrieges stieg in Osnabrück – wie auch im Rest des Deutschen Reiches – der Bedarf an ausländischen Arbeitskräften. Infolgedessen wurden immer mehr Zwangsarbeiter:innen aus den besetzten Gebieten ins Reich verschleppt.

Wie viele Menschen genau im gesamten Verlauf des Krieges in Osnabrück Zwangsarbeit leisten mussten, lässt sich nur schwer rekonstruieren. Fest steht: Anfang des Jahres 1945 waren es etwa 10.000. Die Zwangsarbeiter:innen waren in über 100 Lagern im ganzen Stadtgebiet untergebracht. Mit der wachsenden Anzahl an Zwangsarbeiter:innen stellte sich die Frage, wo diese Menschen untergebracht werden konnten. Für die Deutsche Arbeitsfront, die Stadt Osnabrück, die Industrie- und Handelskammer sowie von der Zwangsarbeit profitierende Betriebe waren Barackenlager wie das „Gemeinschaftslager Süd III“, auch „Lager Fernblick“ genannt, die Antwort.

Im 1942 auf einem Gelände der Evangelischen Stiftung Osnabrück errichteten „Lager Fernblick“ lebten zwischenzeitlich bis zu 1.000 vor allem aus Polen und der Sowjetunion verschleppte Kriegsgefangene wie zivile ausländische Arbeitskräfte. Sie wurden in kriegswichtigen Unternehmen, Privathaushalten, in der Landwirtschaft, bei der Bombenräumung und auch beim Bau von Luftschutzbunkern eingesetzt. Außerdem wurden schwangere Zwangsarbeiterinnen aus Osnabrück und der näheren Umgebung ins „Lager Fernblick“ und das zum Lagerkomplex gehörende „Entbindungsheim für schwanger gewordene Ausländerinnen“ – das einzige nachgewiesene dieser Art – verlegt.

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde aus dem „Gemeinschaftslager Süd III“ das „Camp Fernblick 267“. Die britische Militärregierung nutzte den Ort zur Unterbringung von sogenannten „Displaced Persons“: Menschen, die sich kriegsbedingt außerhalb ihres Herkunftslandes befanden und ohne Hilfe nicht dorthin zurückkehren konnten oder gar nicht erst dorthin zurückkehren wollten. Bis zu seiner endgültigen Auflösung im Jahr 1962 beherbergte das ehemalige „Lager Fernblick“ außerdem Heimatvertriebene und Geflüchtete sowie Sinti.


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