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„Der Leidensweg“

from the audio walk In Stein Gemeißelt | Osnabrück

In Stein Gemeißelt
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„Der Leidensweg“

Das Mahnmal

In der südwestlichen Ecke des Jüdischen Friedhofs an der Magdalenenstraße befindet sich die Skulptur „Leidensweg“ des Bildhauers Joseph Krautwald.

Das 2,20 Meter hohe Gebilde aus Ibbenbürener Sandstein zeigt einen alten Mann und eine junge Frau in weiten Gewändern und jeweils mit einem eigenen, von der anderen Figur verschiedenen Ausdruck von Leid auf dem Gesicht: Während das starre Gesicht des alten Mannes vor allem Apathie und Erschöpfung ausdrückt, vermittelt die schmerzverzerrte Mine mit geöffnetem Mund und das Haareraufen der Frau Verzweiflung. Ursprünglich allen Opfern des Krieges gewidmet verengte sich bedingt durch den Standort der Figurengruppe ihre Bedeutung im öffentlichen Diskurs auf die Opfer des Völkermordes an den Jüd:innen und insbesondere auf die ermordeten Angehörigen der Jüdischen Gemeinde Osnabrücks.

Obwohl sich am Ende des Krieges nur noch fünf Jüd:innen in Osnabrück befanden, bestand die Jüdische Gemeinde im Oktober 1945 bereits wieder aus 45 Mitgliedern. Infolgedessen wurde auch der Jüdische Friedhof weiterhin für Begräbnisse genutzt. Das Architekturbüro Kissing entwickelte 1948 Pläne für ein Denkmal, das an die ermordeten Angehörigen der Jüdischen Gemeinde erinnern sollte. Diese Pläne wurden nicht umgesetzt. Stattdessen kam es 1949 zu einer Ausschreibung für ein Friedhofsehrenmal, in der der Entwurf des zu diesem Zeitpunkt in Rheine lebenden Bildhauers Krautwald angenommen, der vor allem für seine sakrale Kunst bekannt geworden war. Drei Jahre später, 1952, wurde die Figurengruppe an ihrem heutigen Platz auf dem Jüdischen Friedhof aufgestellt. Ob die Bezeichnung „Leidensweg“ vom Bildhauer selbst stammt oder seinem Werk nachträglich zugeordnet wurde, ist nicht nachweisbar.

Osnabrücker Jüd:innen im Holocaust

Der Leidensweg der Osnabrücker Jüdinnen und Juden begann nicht erst mit der Wahl Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933. Antisemitische Hetze hatte es auch vor der sogenannten „Machtergreifung“ gegeben. Ab Januar 1933 war der Antisemitismus jedoch Teil der staatstragenden Ideologie des NS-Regimes und legitimierte die Entrechtung, Verfolgung, Deportation und schließlich Ermordung der Jüdinnen und Juden.

Dieser Prozess unterschied sich in Osnabrück nicht wesentlich vom Rest des Dritten Reiches: Bereits ab dem 31. März 1933 – nicht wie in weiten Teilen des Reiches ab dem 1. April – wurden in Osnabrück immer wieder jüdische Geschäfte, Arztpraxen und Anwaltskanzleien boykottiert. Jüdische Schülerinnen und Schüler wurden durch Beleidigungen, antisemitische Lieder und Unterrichtsinhalte sowie angedrohte und tatsächliche körperliche Gewalt unter Druck gesetzt; alle zwölf jüdischen Schüler des Reformrealgymnasiums (heute Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium) verließen die Schule bis 1937.

Die Nürnberger Gesetze vom 15. September 1935 sprachen Jüdinnen und Juden alle politischen Rechte ab und schloss sie durch Berufsverbote und Enteignungen zusätzlich aus der Gesellschaft aus. Bereits am 6. Januar 1936 waren „Jüdische Beamte […] bei der Stadtverwaltung Osnabrück nicht vorhanden.“ Die während der Reichspogromnacht am 9. November 1938 verhafteten und in die Konzentrationslager Buchenwald und Sachsenhausen verschleppten Juden aus Osnabrück und dem Umland wurden erst nach drei Monaten – teilweise sogar noch später – wieder aus dieser „Schutzhaft“ entlassen.

Die letzten jüdischen Geschäftsleute verloren durch die „Arisierung“ ihren Besitz. 1939 wurden die jüdischen Osnabrücker:innen in „Judenhäuser“ – gewissermaßen Ghettos auf kleinstem Raum – zwangsumgesiedelt. Ab September 1941 mussten auch in Osnabrück alle Jüdinnen und Juden einen gelben Davidstern – den „Judenstern“ – sichtbar an ihrer Kleidung tragen. Eine lange Liste von Verboten schränkte ihre Mobilität und Lebensqualität weiter ein. Am 13. Dezember 1941 begannen die Deportationen der verbliebenen Jüdinnen und Juden aus Osnabrück nach Osten.


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