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Hagen Hilderhof "Vertikaler Rhytmus" 1980

Hagen Hilderhof "Vertikaler Rhytmus" 1980

Hagen Hilderhoff Vertikaler Rhythmus

Gott ist ein vertikaler Rhythmus.

Nein, dieser Platz hier sieht schon von der Ferne nicht nach Kunstrasen aus.
Es ist alles echt hier. Es ist ein guter Ort, an dem Geschichten beginnen, zum Beispiel meine Geschichte:
Ein Ufer, an dem der See sich manchmal aufraut, Licht, das jeden Tag seine Runden dreht, meine fünfunddreißigjährige Tageslichtmuseumexistenzgeschichte.
Die deutsche Öffentlichkeit interessiert sich allerdings nur wenig für mich, weil die Produktivität, die ein Smartphone suggeriert, mir keine Likes bei Facebook einbringt.
Ich erhalte durchaus Lob, aber von der falschen Seite, zum Beispiel, Gott, ist das hässlich. Das macht mir nichts.
Ich halte nichts vom Terror der guten Laune.
Das eigentlich angenehme Gefühl, einsam zu sein - aber nicht beachtet zu werden, das ist trotzdem was anderes.
Die Farbe von Gewitterwolken, die der Rost verdeckt.
Die Farbe eines grauen Leitz-Ordners, die der Rost verdeckt. Meine Entstehung ist auch die Geschichte zwischen zwei grauen Wolkenmarmordeckeln mit Raumsparschlitzen.
Manchmal träume ich davon, ein grauer Sicherheitskasten zu sein, auf dem Banksy eine Maus sprayt.
Oder ein grauer After-Work-Treffpunkt.
Ich versuche mir vorzustellen, zu existieren.
Manche meinen, ich sei eine Imitation.
Eine Imitation von bereits in der Natur vorgegebenen Strukturen. Das lehne ich ab, das ist, als stünde man vor einem Gesetz und man habe alles richtig gemacht.
Manche meinen, das Eigentümliche an mir sei die Tragfähigkeit meiner Konstruktion, aber da verweise ich gerne auf die Arbeiten von Richard Serra.
Vielleicht doch kein Sicherheitskasten, aber ein Sockel, auf dem ich stehe, hoch oben und unter mir ein paar Menschen, die niederknien.
Der Kunstbetrieb ist hierarchisch organisiert, ich bin es auch.
Es ist auffällig, dass die Menschen alle möglichen Dinge kaufen, aber selten so ein Ding wie mich. Vielleicht fehlt ein Gesicht, ein Wärmefeld, weil mein kalter Körper nicht in der Lage ist, Erfahrung abzubilden, in der die Menschen sich spiegeln können. Das ist durchaus meine Absicht, jede Gängelung der Erfahrung, jede Wertung möchte ich vermeiden.
Ich stelle mir vor, ich lebe immer weiter, ich überlebe alle, das abgespaltene Bild eines längst toten Schöpfers. Vergleiche drängen sich auf, apokalyptische Szenen eines Films, in denen die Erde unbehaust ist, die Menschen ausgerottet, nur wir, ich und ein paar andere, stehen wie mahnende Stelen einer untergegangenen Kultur.
Eines Tages stolpert ein Blinder, fällt, sein Blindenstock liegt zu meinen Füssen, er steht auf, tastet mich ab. Seine Hände zittern. Als sei ich ein Teil unverstandene Natur. Und plötzlich hat er eine undeutliche Erinnerung an eine Zeit, als er noch sehen konnte und etwas sah, was er sich nicht erklären konnte und ihm Angst machte. Ich meine, so sind die Menschen dazu gekommen, Götter zu erfinden, etwas zu erschaffen, das größer ist als sie selbst und unsichtbar.
Für den Blinden bin ich Gott.
Das like ich.


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