Der Schornstein aus gelben Ziegelsteinen, den wir jetzt sehen können, ist nicht wie zu vermuten ein Bestandteil der Gießerei, sondern gehörte zur ehemaligen Gutsbrennerei des Schöneicher Schloßgutes. Seiner ursprünglichem Funktion beraubt bietet der Schornstein heute dem Storch einen willkommenen Nistplatz, der, wie man sieht, gut angenommen wird.
Von der Brennerei existieren heute nur noch wenige Bilder. Glücklicher Weise kamen bei Straßenbauarbeiten die alten Fundamente wieder zum Vorschein. Aufgrund der langfristig festgelegten archäologischen Prüfung konnte unmittelbar mit der Ausgrabung und Sicherung begonnen werden. Bild 2 gibt uns einen Überblick von der Ausgrabungsstelle.
So konnte ein letztes Mal die gesamte Anlage der Brennerei aus Sicht ihrer Fundamente aufgenommen und bewertet werden. Zum Leidwesen der ortsansässigen Chronisten und etwaiger heimlicher Schatzsucher, wurde die Ausgrabung nach der umfänglichen Vermessung und Dokumentation wieder verfüllt. Da Brandenburg zahlreiche und besser erhaltene Industriedenkmäler von Brennereien vorweisen kann, wird dieses offene Fundament als Zeitzeuge nicht benötigt.
Der Gebäudekomplex beherbergte im östlichen Teil, nahe der Kirche, mindestens seit Mitte des 19. Jahrhunderts, eine Molkerei, die ihre weiter verarbeiteten Produkte Butter, Quark und Käse an die Bolle-Filiale in Friedrichshagen lieferte. Die beiden Keller, die sich unter der Verarbeitungshalle befanden, dienten zum einen als Lager für den Käse. Zum Andern wurde ein Eiskeller für die Kühlung der Milch eingerichtet. Das Eis für den Eiskeller kam aus dem wenige hundert Meter entfernten gutseigenen Eiskeller am Märchenwald, der in jedem Winter mit Eisstangen aus den umliegenden Gewässern gefüllt wurde. Die Molkerei wurde 1936/37 mangels qualifizierten Personals durch den Gutsadministrator Erich Schomburg stillgelegt.
Die Brennerei nahm die Mitte und den Westteil des Gebäudekomplexes ein. Der westlich gelegene Raum mit den vielen Kanälen war das Schlempebecken der Brennerei, in dem die Reste der Maische nach der Vergärung gesammelt wurden.
Die Brennerei wurde noch bis etwa 1948/49 betrieben, zeitweise unter direkter Bewachung durch die Rote Armee. Danach wurde sie verschiedentlich als Notwohnung, Kuhstall und Lager genutzt, bis sie Anfang der 1950-er Jahre abbrannte. An Stelle der abgerissenen Ruine wurde an ihrer Stelle eine Werkstatthalle der LPG errichtet, die ihrerseits nach der Wende verfiel und abgerissen wurde.
Leider ist über die produzierten Spirituosen und Liköre nichts mehr bekannt. Wir können nur auf die Bilder der eingetretenen Ziegelfußböden sehen und das Klappern der eisernen Karren und Flaschenkasten erahnen. Wer jetzt Appetit bekommen hat, gleich nach der nächsten Station könnte man in das neu errichtete Schlosscafe einkehren.